Samstag, 4. Mai 2024 1:56
Machbarkeitsstudie
Das geplante Humanbiomonitoring soll auch an Bürgerinnen und Bürgern aus Oker durchgeführt werden. Foto: privat

Machbarkeitsstudie zum umweltmedizinischen Gutachten Oker/Harlingerode liegt vor

Landesgesundheitsamt empfiehlt umfangreiche humanbiologische Untersuchungen vor Ort

Das Niedersächsische Landesgesundheitsamt (NLGA) hat die vom Landkreis Goslar erbetene Machbarkeitsstudie zu dem beabsichtigten umweltmedizinischen Gutachten Oker/Harlingerode vorgelegt. Empfohlen wird eine umfangreiche Untersuchung vor Ort, bei der insbesondere die tatsächliche Belastung der Wohnbevölkerung mit Cadmium und Blei anhand von Blut- und Urinproben bestimmt wird. Demgegenüber werden statistische Auswertungen von bereits vorhandenen Daten zur gesundheitlichen Situation der Bevölkerung als nicht zielführend eingestuft, da unter anderem wesentliche Informationen für eine sinnvolle Interpretation fehlen.

Seit Jahren bestehen Sorgen bei Bürgerinnen und Bürgern von Oker, Harlingerode sowie Göttingerode zu möglichen Umweltbelastungen, die Auswirkungen auf die Gesundheit der dortigen Wohnbevölkerung haben könnten. Massive und anhaltende Beschwerden über Geruchsbelästigungen sowie Überschreitungen von Vorsorgewerten bei Dioxin im letzten Jahr führten letztendlich dazu, dass der Kreistag am 17. Dezember beschlossen hat, umweltmedizinische Untersuchungen zum Gesundheitszustand der Bevölkerung durchführen zu lassen. Landrat Thomas Brych hat daraufhin eine aus Vertretern der Kreisverwaltung, des NLGA und des Gewerbeaufsichtsamtes Braunschweig bestehende Projektgruppe beauftragt, die erforderlichen Arbeiten zu koordinieren und umzusetzen. Dort erarbeitete Vorschläge wiederum werden mit einem Projektbeirat abgestimmt, dem die betroffenen Städte Goslar und Bad Harzburg, der Arbeitskreis Oker und PUR e.V. Harlingerode, die Umweltverbände BUND und NABU sowie Vertreter der regionalen Ärzteschaft angehören.

Den umweltmedizinischen Untersuchungen sollte zunächst eine Machbarkeitsstudie vorgeschaltet werden, um zu erörtern, welche Untersuchungen machbar und wissenschaftlich aussagekräftig, d.h. „sinnvoll“, sind.

Dabei sollten die Fragestellungen aufgegriffen werden, welche bereits vorhandenen bzw. leicht zu ermittelnden Daten, die zu anderen Zwecken erhoben wurden, Aussagen zur gesundheitlichen Situation speziell in den betroffenen Stadtteilen liefern können bzw. welche Beschwerden oder Erkrankungen, die durch Blei oder Cadmium hervorgerufen werden können, Ziel eines umweltmedizinischen Gutachtens sein könnten.

In der nunmehr vorliegenden Machbarkeitsstudie wurden mögliche Untersuchungsansätze unter umweltmedizinischen, toxikologischen und epidemiologischen Aspekten diskutiert und anhand vorher festgelegter Kriterien vergleichend bewertet.
Das Vorgehen und die daraus resultierenden Vorschläge stellte Herr Hoopmann, Umweltepidemiologe am NLGA, sowohl der Projektgruppe als auch dem Projektbeirat auf der gemeinsamen Sitzung am 31.Juli vor. Die größten Erfolgsaussichten für belastbare Ergebnisse sieht das NLGA in einem sogenannten Humanbiomonitoring an Bürgerinnen und Bürgern aus Oker, Harlingerode sowie Göttingerode. Hierbei soll Blut und Urin analysiert werden, um darüber die tatsächliche Belastung durch die Schwermetalle Blei und Cadmium in der Bevölkerung abschätzen zu können. Zusätzlich könnten Fragen zu gesundheitlichen Beschwerden gestellt sowie weitere gesundheitsbezogene Untersuchungen angekoppelt werden. Demgegenüber werden Auswertungen von bereits vorhanden Gesundheitsdaten nicht empfohlen: Hierbei wäre beispielsweise ein regionaler Bezug zu Oker/Harlingerode nicht möglich oder aber mögliche Ergebnisse könnten nicht in einen Umweltzusammenhang gestellt werden.

Nach intensiver Diskussion und Erörterung der Studie wurde von der Projektgruppe mit Zustimmung des Beirats im Konsens beschlossen, dem vorgestellten Vorschlag grundsätzlich zu folgen.

Ergänzend geprüft wird noch ein Vorschlag von Dr. Wolfgang Baur vom ökologischen Ärztebund, statistische Daten niedergelassener Ärzte zu deren häufigsten Diagnosen abzufragen und bei der Auswertung soweit möglich und sinnvoll mit zu berücksichtigen. Als nächster Schritt folgt die Ausarbeitung der bisherigen Empfehlungen in ein konkretes wissenschaftliches Projektkonzept sowie darauf basierend die Festlegung eventuell erforderlicher Auftragsvergaben an Dritte. Hiervon abhängig ist sicherlich die Frage, ob die vom Kreistag zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel ausreichen und der bisher aufgestellte Zeitplan, nach dem bis Ende nächsten Jahres die Ergebnisse vorliegen sollen, eingehalten werden kann.

Die Machbarkeitsstudie steht ab sofort auf Internetseite des Landkreises Goslar zur Verfügung. Ebenso wird dort das Protokoll der Beirats- und Projektgruppensitzung in den nächsten Tagen veröffentlicht.