Am 9. November wurde ein Stück Grenzsperranlage, welches zwischen Wiedelah und Wülperode steht, in die Patenschaft des Fallsteingymnasiums Osterwieck übergeben.
Direkt an der Grenzsperranlage fand der kleine Festakt statt. Anschließend wurde in die Alte Schule von Wülperode zu einem kleinen Imbiss bei weiteren guten Gesprächen eingeladen. Der ehemalige Bundesgrenzschutzangehörige und Initiator dieses Projektes, Lothar Engler, Begrüßte die Anwesenden und gab Ausführungen zur Idee der Patenschaft in seiner Rede zum Ausdruck. Es hat mehr als drei Jahre gedauert bis nun endlich die Sperranlage in die Patenschaft überging. Eigentlich war es nicht geplant, dass eine Schule die Sperranlage pflegt und eine Patenschaft dafür übernimmt. Das Fallsteingymnasium Osterwieck ist die erste Schule die eine Patenschaft für ein Relikt, vom damaligen Antifaschistischen Schutzwall der DDR, übernimmt.
Nun, wie kam es dazu? Nachdem am dritten Oktober 2013 der Info-Punkt an der Straße Lochtum/Abbenrode eingeweiht wurden war, wurde Lothar Engler mehrfach auf die völlig zugewachsene ehemalige Grenzsperranlage angesprochen. Der Zaun war völlig zu gewuchert, auf und um den ehemaligen Kfz-Sperrgraben wuchsen die Birken. Als ehemalige Grenzsperranlage war die Anlage, welche man Anfang der 90-er Jahre als Mahnmal stehengelassen hatte, nicht mehr zu erkennen. Engler erinnerte sich an einen Zeitungsartikel, -Grenzzaun als Mahnmal erhalten, so lautete die Überschrift. Es ging um eine Geschichtsarbeit der Schülerin Ines Langelüddecke aus Wülperode mit dem Titel –Gegen das Vergessen-. Mit dieser Arbeit belegte die Schülerin 1993 Bundesweit den 4. Platz!
All ihre Wünsche, die Ines Langelüddecke zum Schluss in ihrer Arbeit niederschrieb waren zum jetzigen Zeitpunkt nicht erfüllt. Es folgten mehrere Pressetermine sowie Ortstermine am Zaun mit Bürgermeistern, ehem. Bürgermeistern, Vertretern von Umweltverbänden, dem Grundstückseigentümer sowie Vertretern von der Denkmalschutzbehörde.
Als erstes konnte in Abstimmung mit der Naturschutzbehörde Halberstadt erreicht werden, dass die ehemalige Grenzsperranlage noch zum 25. Jahrestag der Grenzöffnung am 09. November 2014 freigeschnitten wurde.
Somit war die Anlage wieder als Grenzsperranlage zu erkennen. Dann erfolgte die Stabilisierung des Zaunes. Immerhin fehlten 100 Schrauben. Da die Natur Anfang 2015 schnell wieder begann sich die Anlage zurück zu erobern, Schlingpflanzen kletterten am Zaun hoch, die Birken trieben kräftig, musste jemand gefunden werden der die Anlage weiter pflegt. So kam Lothar Engler auf die Idee sich mit dem Fachleiter für Geschichte, Herr Sebastian Knobbe, vom Fallsteingymnasium Osterwieck in Verbindung zu setzen.
Warum gerade dieses Gymnasium?
Der sich in der Zwischenzeit formierte Grenzertreffenkreis Abbenrode hatte 2014 mit Zeitzeugen am Fallsteingymnasium einen Unterricht zum Thema ehemalige Innerdeutsche Grenze gehalten. Das Fallsteingymnasium fand die Idee sehr gut und erklärte sich bereit die Patenschaft zur Pflege der Anlage zu übernehmen. Es ist aber auch geplant, dass jede 10 Jahrgangsstufe sich mit dem Thema, – Leben an und mit der innerdeutschen Grenze- im Geschichtsunterricht befasst. Acht Schülerinnen und Schüler sowie drei Lehrkräfte haben dann noch im September 2015 die Anlage erneut freigeschnitten. Die Ortsbürgermeisterin von Wülperode, Frau Bettina Grünewald, half auch kräftig mit und gab hinterher Kuchen und Getränke aus. Ende 2015 wurde der Antrag zur Prüfung auf Denkmaleigenschaft bei der unteren Denkmalschutzbehörde in Halberstadt gestellt.
Im Mai 2016 kam die Landeskonservatorin, Frau Dr. Ulrike Wendland, persönlich an die ehemalige Sperranlage. Frau Dr. Wendland war begeistert über den guten Zustand und die ausgezeichnete Pflege der Sperranlage. Dass eine Schule die Patenschaft übernimmt fand ihre volle Zustimmung. Besser geht es nicht, denn somit ist Nachhaltigkeit gewährleistet. In diesem Jahr fanden im Juni und September weitere Pflegetage durch die Schule statt. Im Juni gingen die Schüler entlang der ehemaligen Grenze bis nach Wülperode, wo anschließend gegrillt wurde. Lothar Engler führte die Gruppe und konnte von einigen Grenzzwischenfällen berichten. Einige Schüler meinten hinterher, dass das mal ein richtig guter Geschichtsunterricht in der freien Natur und direkt am Thema war. Und nun, nach über drei sehr holprigen Jahren, konnte die ehemalige Grenzsperranlage offiziell in die Patenschaft des Fallsteingymnasiums übergeben werden.
Lothar Engler verwies in seiner Rede aber auch darauf, dass es sich hier um ein Original und somit ein Juwel handelt, darüber muss man sich nach 27 Jahren Grenzöffnung im Klaren sein.
Ferner darf nicht vergessen werden, dass es die DDR nun einmal gab und dass der damalige Antifaschistische Schutzwall auch zur DDR gehörte. All das und weitere sehr gute Argumente über dieses Original der Grenzsperranlage hat Ines Langelüdecke bereits 1993 als 16 jährige Wülperöderin in Ihrer Arbeit zusammengefasst. Einer seiner Wünsche ist, dass im nächsten Jahr die fehlenden Zaunelemente ersetzt werden. Was aber dringend gebraucht wird, ist Geld. Zum einen um einen Schaukasten aufzustellen aber auch um Gerätschaften anzuschaffen. Ferner wünscht sich Engler, dass vorn an der ehem. Grenze einen Info-Punkt mit Schaukasten und Grenzsäule, so wie an der Straße Lochtum/Abbenrode schon geschehen, aufgestellt wird. Am Ende seiner Rede war Lothar Engler der Meinung den Wunsch von Ines Langelüddecke nun endlich erfüllt zu haben. -Grenzzaun als Mahnmal erhalten-
Die Landeskonservatorin des Landes Sachsen Anhalt, Frau Dr. Ulrike Wendland, war voller Freude, denn es ist selten in ihrem Alltag, dass eine Unterschutzstellung Freude auslöst. Somit ist Nachhaltigkeit für ein Denkmal gegeben. Sie reiste extra aus Halle an um persönlich eine Abschrift der unter Denkmalschutz Urkunde der Schulleitung zu übergeben. Für uns bedeutet das Geschichtsunterricht nicht nur in der Theorie, erklärte die Schulleiterin des Fallsteingymnasiums, Sylvia Gemeiner. Das Fallsteingymnasium als UNESCO-Projektschule findet es einfach nur toll, diese Idee von Lothar Engler umgesetzt zu haben. Die jeweiligen Zehntklässler werden sich mit dem Thema im Unterricht befassen.
Landrat Skiebe zeigte sich nicht überrascht, dass die Osterwiecker Schule als Partner gewonnen werden konnte. Hier lernen Schüler aus dem Landkreis Harz und Niedersachsen wie selbstverständlich zusammen. Deshalb sei es genau der richtige Weg, dieses Projekt zu initiieren.
Manfred Riecher war als Vertreter der Stadt Osterwieck anwesend.
Er war in mehrfacher Hinsicht mit dem Zaun beschäftigt. Als Wülperöder hat er damals als Baupionier diesen Zaun mit errichtet. Nach der Wende war er Bürgermeister von Wülperode. Es war gar nicht so einfach, dass dieses Stück Grenzsperranlage erhalten blieb. Man hat damals schon versucht ihn unter Denkmalschutz zu stellen und ein zuwachsen zu verhindern. Die Natur war halt schneller und so überließ mal die Grenzsperranlage der Natur. Heute haben viele eine andere Haltung und Meinung zu diesem Zaun als noch vor 27 Jahren.
Nach dem Festakt ging es in die alte Schule von Wülperode. Bei einem kleinen Imbiss wurden weiter Erinnerungen und erlebtes aus der Zeit als Wülperode noch im Sperrgebiet lag sowie der Grenzöffnung ausgetauscht. Es wurde aber auch in die Zukunft geblickt, die Themen werden den Schülerinnen und Schülern so schnell nicht ausgehen. Somit wird auch einiges für die Nachwelt dokumentiert und archiviert. Alle Anwesenden waren sich aber einig – das mit der Patenschaft ist eine sehr gute Sache, besser geht es nicht.
Viele Fotos vom Werdegang der Erhaltung über 3 Jahre finden Sie in einem eigenen Fotoalbum.
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