Samstag, 27. Juli 2024 10:19
Ines Wehling
Ines Wehling beim Vortrag in Weddingen

Vortrag von Ines Wehling (LEB Braunschweig) in Weddingen

Haben wir Schmetterlinge in Zukunft nur noch im Bauch?

Mit dieser Frage beschäftigte sich der fünfte Abend der kleinen Reihe Kultur auf dem Dorfe, gemeinsam veranstaltet von Schmidts CaféGarten, der Heimatpflege und der Kirchengemeinde Weddingen. Es referierte die Diplomwirtschaftsbiologin Ines Wehling (LEB Braunschweig) zum Thema Insektensterben – Ursachen und Wirkungszusammenhänge.
Fast Dreiviertel aller Tierarten in Deutschland sind Insekten. Diese sind für uns Menschen und unsere Ökosysteme unverzichtbar, so für die Bestäubung von Pflanzen oder die Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit. Die Bestäubung durch Insekten sichert die Erhaltung von Wildpflanzen und dient der Sicherung von Ernteerträgen und der Erntequalität vieler Nutzpflanzen. Die Ursachen für das Insektensterben wurden von Ines Wehling eingehend skizziert. Sie sind vielfältig und sehr komplex. Deshalb bezog sich die Referentin in erster Linie auf den Bereich der Landwirtschaft, mit der Begründung, dass 51 % der deutschen Gesamtfläche landwirtschaftlich genutzt werden. Sie ging ein auf Monokulturen, Wirkung verschiedener Pestizide und Insektizide und den Einsatz von Düngemitteln. Sie erwähnte aber auch deren oft unerlaubten oder nicht sachgemäßen Einsatz in Privatgärten, versiegelten Flächen wie Höfe und Gehwege.

Ein großer Erfolg ist es, das sich 39 Kommunen in Niedersachsen zusammengeschlossen haben und kein Glyphosat mehr auf Gehwegen einsetzen. In Deutschland gibt es noch 50 Glyphosatmittel, die für den Hausgebrauch zugelassen sind. Deutschland hat die stärksten überdüngten Böden in der EU. Ein Stickstoffüberschuss schadet den Insekten. Ein großer Verlust für die Insekten ist es auch, das Grünland in Ackerland umgewandelt wird. Die Kühe stehen das ganze Jahr im Stall, besonders der Fladen war der beste Insektenvermehrer. Mit Sicherheit dient der Einsatz genannter Maßnahmen der Ertragssteigerung, der vermeintlichen Qualitätssteigerung beispielsweise des Weizenkorns als Grundlage unserer Backwaren – aber, da waren sich alle Teilnehmer/innen einig, auf Kosten vieler Insektenarten, deren Lebensräume schwerwiegend beeinträchtigt und zerstört werden.

Als weitere Ursachen ging Ines Wehling auf Flächenversiegelung, Lichtverschmutzung und wenig insektenfreundlich gestaltete Hausgärten ein. Die Frage, wie können wir sowohl im privaten Bereich als auch auf politischer Ebene etwas gegen das Insektensterben tun, wurde in der Runde sehr engagiert diskutiert. Argumentationshilfe bot Ines Wehling mit Auszügen aus dem Eckpunktepapier zum Aktionsprogramm Insektenschutz. Um das Insektensterben zumindest aufzuhalten, hat das BMU das Aktionsprogramm auf den Weg gebracht mit vielen Vorschlägen zum Schutz von Insekten und ihrer Lebensräume und zur Verbesserung ihrer Lebensbedingungen. Das Bundeskabinett hat auf Vorschlag von Bundesumweltministerin Svenja Schulze im September 2019 das Aktionsprogramm beschlossen. Mit konkreten Maßnahmen in neun Handlungsbereichen wird unsere Regierung beispielsweise deutlich strengere Regeln zum Einsatz von Pestiziden durchsetzen.
Bleibt zu guter Letzt die Verantwortung der Konsumenten. Gefordert ist die Bereitschaft, mehr Geld für gute Lebensmittel ausgeben zu wollen. Nicht allein Masse – gefragt sind für Mensch und Umwelt wohltuende Grundnahrungsmittel zu fairen Preisen für Produzenten und Verbraucher. Diese Maßnahmen helfen Insekten: Ausweitung von Hecken und Feldrainen und den Einsatz von Pestiziden reduzieren. Eine bessere Förderung für Insektenfreundliche Kommunen, mehr extensiv genutztes Grünland sowie die Lichtverschmutzung eindämmen. Auch die Naturschutzgebiete stärken sowie mehr Geld für Naturschutz in der Landwirtschaft gehören zum Aktionsprogramm.