Samstag, 20. April 2024 13:23
Klenze
Jochen Buchholz erzählte von den beiden berühmten Baumeistern Klenze und Schinkel

Klenze und Schinkel – die wohl bedeutendsten Architekten im Klassizismus

Klenze und Schinkel im Vergleich

Klenze
Karl-Friedrich Schinkel in jungen Jahren

Der Förderverein Leo von Klenze Museum e.V. hatte in die ehemaligen Hirsch-Apotheke nach Schladen eingeladen. Der 1. Vorsitzende Jochen Buchholz versetzte die interessierten Besucher mit viel Wissen aus verschiedenen Büchern über die beiden großen Baumeister und ihren Werke in die Zeit von 1749 bis 1832, in der auch Goethe lebte. Der Vortrag über die beiden wohl bedeutendsten Architekten des Klassizismus, Karl Friedrich Schinkel und Franz Karl Leopold von Klenze, wurde mit Bildern zum Leben erweckt.

Franz Karl Leopold Klenze wurde in der Nacht auf den 29. Februar 1784 im Forsthaus von Buchladen nahe dem Dorf Schladen am Harz geboren. Seine Eltern, Gotthelf Friedrich Klenze war Amtmann in Schladen und dessen Frau Gertrud Josefa Theresia, geborene Meyer, Tochter eines Arztes in Osnabrück hatten sieben Kinder. Franz Karl Leopold war der erste Sohn und zugleich das dritte Kind.

Die Familie lebte bis 1791 in Schladen, danach zogen sie auf das von der Großmutter väterlicherseits geerbte Gut Heißum bei Liebenburg um. Dort kam der jüngste Sohn Clemens August Karl, später Professor für römische Rechtsgeschichte und Rektor an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin, zur Welt.
Als Leopold von Klenze vor 236 Jahren geboren wurde, war sein älterer Zeitgenosse Schinkel, geboren in Neuruppin, schon drei Jahre auf der Welt. Schinkel verbrachte seine Jugend in dem Haus, in dem später die Familie Fontane lebte.

Beide Baukünstler waren außerdem Maler, Bühnen- und Einrichtungsausstatter, die mit ihren Werken in Mitteleuropa als führende Künstler anzusehen sind

Die beiden Dioskuren der klassizistischen Baukunst in Mitteleuropa haben mit den Brüdern Boisserêe aus Köln und Goethe aus Weimar die Wiederaufnahme der Bauarbeiten am Kölner Dom vorangetrieben. Dazu zeigte Buchholz auch einen alten Stich vom Kölner Dom, den Klenze wieder aufgearbeitet hatte.
Seit fast 150 Jahren ist es üblich, Leo von Klenze im Vergleich mit Karl Friedrich Schinkel abzuwerten. Schinkel gilt als das schöpferische Baugenie, dessen Ideen und Werke Architekten bis heute fasziniert, während Klenze, der angeblich sogar Ideen Schinkels plagiiert haben soll, als unschöpferisch abqualifiziert wird. Im kritischen Nachvollzug der Rezeptionsgeschichte beider Architekten kann aufgezeigt werden, wie und warum es zu dieser Wertung kam.

Während Klenze, der nie unterrichtete und keine Schüler hinterließ, schon zu Lebzeiten in Vergessenheit geriet, wurde Schinkel seit seinem frühen Tod 1841 von seiner großen Schülerschaft systematisch und gezielt als Repräsentant der Architektur in Preußen stilisiert. Wenn Klenze nicht mehr ausschließlich nach dem Maßstab der Arbeiten Schinkels, sondern nach seinen eigenen Leistungen gemessen wird, können jedoch auch bei ihm spezifische Qualitäten und weiterführende, innovative Leistungen aufgezeigt werden. Klenze sollte deshalb in Zukunft nicht mehr als Zerrbild, sondern als Gegenbild Schinkels gesehen werden.

Klenzes erstes Gebäude war das Ballhaus am Schloss Wilhelmshöhe bei Kassel

Das klassizistische Gebäude war 1809/1810 unter Jérome, König von Westfalen und Bruder Napoleons, als Hoftheater errichtet worden. 1828 bis 1830 verwandelte Johann Conrad Bromeis im Auftrag des Kurfürsten Wilhelm II von Hessen-Kassel in einen Ballsaal. Leo von Klenze gelangte vor allem in seiner Stellung als Hofarchitekt von König Ludwig I. von Bayern (neben seinem Konkurrenten Friedrich-Wilhelm von Gärtner) zu Bedeutung. Zu seinen Aufgabenbereichen gehörte die klassizistische Umgestaltung Münchens mit z.B. dem Marstall, Königsplatz, der Ludwigstraße, der Glyptothek, dem Haslauer Block, der Ruhmeshalle, der Alten Pinakothek oder der Residenz.

Mit seiner idealistischen Vision einer modernen Wiedergeburt griechischer Architektur war er nicht unumstritten, wie unter anderem zeitgenössische Reiseberichte belegen. 1816 baute Klenze das Schloss Ismaning auf Wunsch des Stiefsohns von Napoleon, Eugen Beauharnais, dem Herzog von Leuchtenberg und dessen Gattin Auguste Amalie klassizistisch um.

Das in den Jahren 1817–1821 geschaffene Palais Leuchtenberg erhielt einen ersten geruchlosen beweglichen Abtritt, eine Innovation in der Entwicklung der sanitären Anlagen, die zuerst in Paris entwickelt wurde. Zu diesem Zweck hat Klenze eigens die französische Hauptstadt aufgesucht, um vor Ort diese technische Errungenschaft zu studieren. Zwischen 1826 und 1828 entstand das Odeon nach seinen Plänen sowie das Neue Schloss Biederstein. 1826–1829 auch die Liebfrauenkirche in Fürth.

Weitere realisierte Bauwerke sind der Monopteros, ein kleiner polychrom verzierter Rundtempel im Englischen Garten (1832–1837), der als ein bedeutendes Architekturensemble in München gilt. Er schuf die Wallhalla bei Regensburg, die Befreiungshalle in Kelheim, die Konstitionssäule in Gaibach und das Kanaldenkmal am Burgberg in Erlangen. Diese wurden oftmals mit Figurengruppen des bayerischen Bildhauers Ludwig Schwanthaler komplettiert.

Klenze war ab 1828 maßgeblich an der Errichtung der Landesfestung Ingolstadt beteiligt

Zar Nikolaus I. fand bei einem Besuch in München solchen Gefallen an der Alten Pinakothek, dass er Leo von Klenze den Auftrag zur Errichtung der Neuen Eremitage in Sankt Petersburg gab, die zwischen 1839 und 1852 errichtet wurde. Auch die klassizistische Umgestaltung der Stadt Athen, die allerdings durch eine spätere Umgestaltung weitgehend verschwunden ist, geht auf ihn zurück. Er lieferte die städtebauliche Konzeption hierzu im Auftrag von Otto I. von Griechenland. Auch seinen Bruder Maximilian II. Joseph beriet Klenze.

Etliche Auszeichnungen bekam Klenze schon zu Lebzeiten

1822 wurde er in den persönlichen und 1833 in den erblichen bayerischen Adelsstand erhoben. Als auswärtiges Mitglied wurde er sogar 1841 in die Acade´mie des Beaux-Arts aufgenommen und 1852 mit der Royal Gold Medal ausgezeichnet. Am 31. Mai 1861 wurde Klenze außerdem in den preußischen Orden Pour le Merite für Wissenschaften und Künste aufgenommen und wurde schließlich 1862 zum Ehrenbürger der Stadt München ernannt. Nach dem Berliner Karl Friedrich Schinkel, in dessen Schatten er immer noch steht, ist er der wohl bis heute wichtigste Architekt des deutschen Klassizismus.

Ohne Karl Friedrich Schinkel, den preußischen Baumeister, Stadtplaner und Designer, der vor 225 Jahren am 13. März 1781 in Neuruppin geboren wurde, sähe Berlin heute gewiss anders aus

Er ließ Berlin erblühen und entdeckte die Gotik als Baustil neu. Sein Werk ist groß und vielgestaltig und ohne die Förderung durch den Kronprinzen Friedrich Wilhelm, ab 1840 König Friedrich Wilhelm IV., der selbst hatte Architekt werden wollen, hätte Schinkel möglicherweise der preußischen Hauptstadt weit weniger seinen Stempel aufdrücken können.

Viele Werke des geheimen Oberbaurats und Oberlandesbaudirektors, der vor allem für den preußischen Staat und die königliche Familie tätig war, gingen im Zweiten Weltkrieg verloren, so etwa das Palais preußischer Prinzen in der Wilhelmstraße oder das Kasino in Potsdam. Zerstört sind auch Räumlichkeiten, die Schinkel für die Hohenzollern im Stadtschloss umgestaltet hatte.

Ein anderes Schinkel-Werk, die Neue Wache Unter den Linden, sollte nach dem Krieg verschwinden. Seit 1993 ist die Neue Wache zentrale Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. Die Mitte der Stadt ist noch heute zu großen Teilen eine Ausstellungsfläche Schinkel’scher Baukunst: das Schauspielhaus am Gendarmenmarkt, das Kronprinzenpalais, die Singakademie, das Alte Museum, die Friedrichswerdersche Kirche vor der Schinkel in Marmor gemeißelt, Wache hält.

Auch die Schlossbrücke mit acht überlebensgroßen Marmorgruppen als Hommage an die Helden der Befreiungskriege gehört dazu. Aus demselben Anlass entstand das Kreuzbergdenkmal im Viktoriapark. Hinzu kommen das klassizistische Humboldt-Schlösschen in Tegel, das von Gentz erbaute und von Schinkel veränderte Königsmausoleum, der Schinkel-Pavillon im Park Charlottenburg, sowie das Schloss Glienicke und weitere Bauten.

Über beide Baumeister gibt es viel Literatur und zu sehen; über Schinkel in Berlin noch mehr als über Klenze in München. Dennoch, Leo von Klenze hat München seinen Stempel aufgedrückt.
Leider gibt es noch kein Museum über ihn. Das ist die Chance für Schladen. Hier soll das erste Leo von Klenze Museum der Welt entstehen!
Dazu will man das Wohnhaus der Familie Klenze, die ehemalige Apotheke am Damm 14, am 15.08.2020 zum „Leo von Klenze-Haus“ weihen lassen. Dieser kleine Festakt ist mit lebenden Nachfahren des großen Baumeisters geplant.

Text/Fotos: Hennig Schacht