Donnerstag, 25. April 2024 14:59
Judasohr
Die elastischen Fruchtkörper des Judasohres erinnern an Ohrmuscheln (Aufnahme Thomas Schultz)

Ein gutes Frühjahr für das Judasohr (Auricularia auricula-judae)

Der Pilz entwickelt besonders große Fruchtkörper

Der Apostel Judas soll sich der Legende zufolge nach der Verurteilung Jesu an einem Holunderbaum erhängt haben. Da das Judasohr besonders häufig an diesem Substrat wächst, erhielt der Pilz durch sein ohrförmiges Aussehen diesen deutschen Namen. In diesem Frühjahr erreichen die Fruchtkörper einen Durchmesser bis zu 15 cm.

Das Judasohr, auch Holunderpilz genannt, hat die Form einer Ohrmuschel und ist auch für unerfahrene Pilzinteressierte leicht zu bestimmen. Der Pilz erscheint häufig an älteren und geschwächten Stämmen und Ästen des Schwarzen Holunders (Sambucus nigra). Im Gegensatz zu den saprophytisch, lignicolen Arten der Gattung Auricularia (Ohrlappenpilze) besiedelt das Judasohr auch lebende Gehölze.

Der Pilz wächst auf Laubbäumen wie z.B. Ahorn, Esche, Weide, Pappel und Ulme, aber auch Eiche und Buche. Sehr selten ist er an Nadelbäumen wie Lärche und Kiefer zu finden. Auf die Frage, warum das Judasohr den Holunder bevorzugt, hat die Wissenschaft noch keine Antwort gefunden. Scheinbar werden aber Weichhölzer bevorzugt.

Im Gegensatz zu vielen anderen Pilzfruchtkörpern ist das Judasohr das ganze Jahr hindurch zu sehen

Besonders in frostfreien, feuchten Wintermonaten fällt es ins Auge. Die Außenseite des gallertartigen und knorpeligen Pilzes ist rötlichbraun, violettgrau bis olivbraun. Sie fühlt sich samtig und etwas filzig an. Die glatte, glänzende, oft von erhabenen Leisten durchzogene Innenseite trägt die Fruchtschicht, das Hymenium. Hier entstehen die Sporen. Da der Pilz an den Stämmen und Ästen der Sträucher und Laubbäume nur unregelmäßig Wasser bekommt, hat er eine ungewöhnliche Strategie entwickelt: Bei Trockenheit schrumpft der Pilz zusammen. Wenn es regnet, quillt er wieder vollständig auf.

Bekannt ist das Judasohr aus dem China-Restaurant

Der Pilz trägt in China den Namen Mu-Ehr (zu deutsch: Waldohr oder Baumohr) und wird auf der deutschen Speisekarte irreführend als Chinesische Morchel bezeichnet. Mit den echten Morcheln hat der Pilz allerdings verwandtschaftlich nichts zu tun. In Ostasien wird er nicht nur für die Küche gezüchtet. Auch in der chinesischen Medizin und in der Naturheilkunde spielt er eine wichtige Rolle. Er soll zum Beispiel das Immunsystem stimulieren und Blutungen stillen.

In unserer Artdatenbank befinden sich bisher erst 23 Nachweise – schon erstaunlich, da der Pilz nicht selten ist. Gefunden wurde er bisher überwiegend am Schwarzen Holunder. Nachweise auf Nadelholz fehlen bislang, so der Wernigeröder Pilzexperte Thomas Schultz und Ute Springemann von der Nationalparkverwaltung Harz.

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